Montag, 21. Dezember 2020

Was für ein Jahr!

© Markus Nass

2020 war auch für die MaLisa Stiftung ein besonderes Jahr: Kurz nach Jahresbeginn veränderte die Corona-Pandemie unser aller Leben und Arbeiten. Wir blicken auf ein bewegtes Jahr zurück, in dem einiges anders als geplant lief und die Dringlichkeit der Themen, mit denen wir uns beschäftigen, noch deutlicher wurde. Mit zwei Studien und vielen weiteren Aktivitäten konnten wir zu mehr Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit in der Medienbranche beitragen.


Zu Beginn des Jahres – man kann es sich aus heutiger Sicht kaum noch vorstellen – fand die Berlinale statt. Dort stellten Vertreter:innen der sechs staatlichen Filmhochschulen gemeinsam mit unserer Co-Gründerin Maria Furtwängler ihre Aktivitäten zu Gender-Gerechtigkeit vor. Zwei Jahre zuvor hatten sie bei der Berlinale eine gemeinsame Selbstverpflichtung zur Geschlechtergerechtigkeit veröffentlicht. 2020 präsentierten sie im Rahmen des Empfangs der Filmhochschulen, auf welchen Ebenen die Maßnahmen bereits greifen. Die MaLisa Stiftung hat diesen Prozess von Anfang an unterstützt und begleitet. Wir freuen uns darauf, das auch weiterhin zu tun.

Dann kam die Pandemie. Wie so viele mussten auch wir unsere Pläne ändern. Der für März geplante Diversity Gipfel musste verschoben werden, und damit auch die Veröffentlichung unserer Studie zu „Geschlechterdarstellungen und Diversität in Streaming- und SVOD-Angeboten“. Die von der Film- und Medienstiftung NRW, dem ZDF und der MaLisa Stiftung geförderte Studie untersuchte erstmals, welche (Rollen-)Bilder Streaming-Angebote in Deutschland hinsichtlich Geschlecht, sexuelle Orientierung und ethnische Vielfalt vermitteln. Durchgeführt wurde sie unter der Leitung unserer langjährigen und hochgeschätzten Partnerin Prof. Dr. Elizabeth Prommer.

Die Ergebnisse zeigten: Streaming- und SVOD-Serien auf dem deutschen Markt sind nicht so divers, wie vielfach postuliert wird. Insbesondere in Sachen Geschlechterverhältnis hinken die deutschen Produktionen hinterher. Mit einem Anteil von 35 Prozent sind hier im internationalen Vergleich am wenigsten Frauen in zentralen Rollen zu sehen. Was die Streaming-Produktionen über alle Länder hinweg gemein haben, ist ein deutlicher Altersgap: Mit zunehmendem Alter verschwinden Frauen immer mehr von der Bildfläche.

Die COVID-19-Pandemie brachte besondere Schieflagen hinsichtlich Geschlechtergerechtigkeit an die Oberfläche. Im Frühjahr widmeten wir uns den damit verbundenen medialen und politischen Diskursen mit unserer bewährten Herangehensweise: dem Bauchgefühl Daten gegenüber zu stellen. Prof. Dr. Elizabeth Prommer und Julia Stüwe werteten für uns die Berichterstattung im Fernsehen aus, Max Berggren die Online-Auftritte von Printmedien.


Die Ergebnisse unserer Studien zur „Geschlechterverteilung in der Corona-Berichterstattung“ waren ernüchternd: In den TV-Formaten war nur eine von fünf Expert:innen weiblich. Und selbst in Berufsfeldern wie Pflege oder Medizin, in denen Frauen genauso oft oder sogar deutlich öfter als Männer arbeiten, wurden sie nur zu 17 Prozent als Expertinnen befragt. Insgesamt kamen sowohl im TV als auch in den Online-Berichten auf eine Frau zwei Männer.


Um uns insgesamt für mehr Perspektiven-Vielfalt in den Medien einzusetzen, haben wir unsere Arbeit mit den Partner:innen in der Branche fortgesetzt. Wir haben Gespräche und Workshops online statt in Präsenz durchgeführt, zu medienpädagogischen, kultur- und gleichstellungspolitischen Diskursen beigetragen, und unsere Vernetzung mit anderen Initiativen für Diversität in Medien und Kultur sowohl in Deutschland als auch international verstärkt.

Ausblick auf 2021

Daran werden wir im kommenden Jahr anknüpfen. Wir werden weiterhin Daten und Fakten einbringen und unsere Partner:innen in der Branche bei der Entwicklung und Umsetzung von Lösungsansätzen unterstützen – damit die ganze Vielfalt unserer Gesellschaft in Film und Medien, aber auch anderen bild- und wirkmächtigen Feldern wie der Musikbranche, sichtbar wird. 

2021 werden wir mit unseren Partner:innen die zweite Studie zur audiovisuellen Diversität im deutschen Fernsehen und Film veröffentlichen. Wir sind gespannt, welche Veränderungen sich seit der 2017 veröffentlichten ersten Studie zeigen werden und welche neuen Einblicke zu verschiedenen Diversitätsmerkmalen sie geben wird.

Wir werden außerdem die erste Studie zur Darstellung von Gewalt gegen Frauen im deutschen Fernsehen unter der Leitung von Prof. Dr. Christine Linke auf den Weg bringen. Wir freuen uns schon sehr, in Zusammenarbeit mit ihr dieses wichtige Thema genauer zu beleuchten und diese Initiative gemeinsam mit der UFA anzugehen. Letztere hat 2020 nicht nur die Kampagne #sicherheim mit vielen Partner:innen ins Leben gerufen, sondern sich auch als erste deutsche Produktionsfirma zu mehr Diversität vor und hinter der Kamera verpflichtet.

Darüber hinaus werden wir uns 2021 stärker dem Thema Geschlechtergerechtigkeit in der Musikbranche widmen, uns vernetzen, Daten erheben und Lösungsansätze identifizieren.

Eine besondere Freude brachte uns dieses Jahr die Nachricht, dass wir den Soroptimist Deutschland Preis 2021 erhalten werden. Wir sind dankbar für diese Wertschätzung und Anerkennung unserer Arbeit.

Mit Blick zurück auf ein wahrlich ungewöhnliches Jahr und Blick nach vorn auf das kommende, sind wir sehr dankbar für die unzähligen Partnerinstitutionen und Personen, mit denen wir gemeinsam unsere Ziele verfolgen. Das vergangene Jahr hat uns auch wieder deutlich gemacht, wie wichtig und stärkend diese Partnerschaften und Bündnisse sind: Zusammen sind wir mehr als die Summe unserer Teile und können viel bewegen. Eine Sache, die wir gern ins Jahr 2021 mitnehmen und weiterverfolgen werden!