Geschlechterdarstellungen in Film und Fernsehen

"Audiovisuelle Diversität?"

Wie werden Frauen und Männer im Fernsehen und Kino dargestellt? In welchen gesellschaftlichen Rollen und Kontexten werden sie gezeigt? Wie häufig sind sie auf dem Bildschirm und auf der Leinwand zu sehen? Die Studie bietet eine umfassende Bestandsaufnahme.

Für die Studie „Audiovisuelle Diversität? Geschlechterdarstellungen in Film und Fernsehen in Deutschland” hat die MaLisa Stiftung eine umfassende Partnerschaft von Fernsehsendern und Filmförderung initiiert. Zum ersten Mal haben sich die vier größten deutschen TV-Gruppen (ARD, ZDF, Mediengruppe RTL Deutschland und ProSiebenSat1), die Film-und Medienstiftung NRW, die nationale Filmförderung FFA und der FilmFernsehFonds Bayern zur Förderung einer Studie zusammengeschlossen, die sich über alle Sendergruppen mit diesem Thema befasst.

 

Grundlage ist die detaillierte Analyse von über 3.500 Stunden Fernsehprogramm aus dem Jahr 2016 sowie über 800 deutschsprachigen Kinofilmen aus den vergangenen sechs Jahren.

Die Studie bietet damit eine umfassende Bestandsaufnahme der aktuellen Situation auf Bildschirm und Leinwand. Sie analysiert, wie häufig und in welchen Rollen Frauen und Männer in fiktionalen Produktionen, in Unterhaltungsformaten sowie in journalistischen und dokumentarischen Beiträgen erscheinen. Neben Geschlecht werden auch Faktoren wie z.B. Alter oder Migrationshintergrund untersucht.

 

Die letzte Studie zu Geschlechterdarstellungen im Fernsehen wurde Mitte der 1990er Jahre veröffentlicht, die letzten Daten zum Kinderfernsehen sind über 10 Jahre alt. Zum deutschen Film gab es bisher keine repräsentativen Daten.

 

Durchgeführt wird die Studie vom Institut für Medienforschung der Universität Rostock unter Leitung von Prof. Dr. Elizabeth Prommer. Die im Folgenden zusammengefassten Ergebnisse der Studie wurden am 12.7.2017 im Rahmen einer Pressekonferenz in der Akademie der Künste in Berlin vorgestellt.

1. Frauen sind deutlich unterrepräsentiert

  • Frauen kommen in deutschen audiovisuellen Medien seltener vor. Über alle Fernseh-Programme hinweg kommen auf eine Frau zwei Männer.
  • Bei den Fernsehvollprogrammen kommt ein Drittel der Programme ganz ohne Protagonistinnen aus (im Vergleich nur 15% ohne Protagonisten).
  • Es gibt eine Ausnahme! Nur Telenovelas und Daily Soaps sind repräsentativ für die tatsächliche Geschlechterverteilung in Deutschland, sprich ca. 51% Frauen und 49% Männer. Allerdings machen diese nur 3% aller Sendungen aus.
  • Wenn Frauen gezeigt werden, kommen sie mehr als doppelt so häufig im Kontext von Beziehung und Partnerschaft vor.

 

2. Wenn Frauen vorkommen, dann als junge Frauen. Ab dem 30. Lebensjahr verschwinden Frauen sukzessive vom Bildschirm. Das gilt für alle Sender und über alle Formate und Genres hinweg.

  • Bis zu einem Alter von 30 Jahren kommen Frauen öfter (Unterhaltungsformate fiktional und non-fiktional) oder in etwa gleich oft wie Männer vor. Ab Mitte 30 verändert sich dies: hier kommen auf eine Frau zwei Männer und ab 50 Jahren auf eine Frau drei Männer.
  • Auch im Kinofilm kommen ab Mitte 30 Jahre auf eine Frauenfigur zwei Männerfiguren.
  • Am größten ist der Unterschied in der non-fiktionalen Unterhaltung: hier kommen jenseits der 40 auf eine Frau vier Männer, jenseits der 50 auf eine Frau acht Männer.

 

3. Männer erklären die Welt: sie sind die Experten, Gameshow-Moderatoren, Journalisten und Sprecher

  • Insgesamt ist in der TV-Information nur jede/r dritte HauptakteurIn weiblich.
  • ModeratorInnen und JournalistInnen sind häufiger männlich (Besonders deutlich bei den Moderatoren non-fiktionaler Unterhaltung mit 80%).
  • ExpertInnen sind sehr überwiegend männlich (zu 80% in der TV-Information und zu 70% in den non-fiktionalen Programmen).
  • Noch deutlicher ist dies bei den Sprechern (70% in der TV-Information und 96% in der non-fiktionalen Unterhaltung).

 

4. The Future is equal? Nicht wenn es nach dem Kinderfernsehen geht

  • Ob Lizenzprogramm oder Eigenproduktion – die absolute Zahl der männlichen Figuren ist deutlich höher. Insgesamt gilt: nur eine von vier Figuren ist weiblich.
  • Auch hier erklären Männer die Welt: auch außerhalb der fiktionalen Erzählungen für Kinder kommen Frauen deutlich seltener vor (Beispiel TV-Information im Kinderfernsehen: nur jede/r dritte HauptakteurIn ist weiblich)
  • Geht es um imaginäre Figuren und Fantasie, so ist dieser Möglichkeitsraum fast ausschließlich durch Jungen/Männer besetzt. Auf eine weibliche Tierfigur kommen neun männliche.