Dienstag, 5. Oktober 2021

Studienergebnisse zu Sichtbarkeit und Vielfalt im TV vorgestellt

Bei der gemeinsamen Studienvorstellung in Berlin (v.l.n.r.): Sascha Schwingel (VOX), Henrik Pabst (Seven.One), Karola Wille (MDR), Maria Furtwängler (MaLisa Stiftung), Patricia Schlesinger (rbb), Henning Tewes (RTL) und Thomas Bellut (ZDF). © Sascha Radke

Am 5. Oktober hat die MaLisa Stiftung gemeinsam mit ihren Partnerinstitutionen neue Studienergebnisse zur Diversität im deutschen Fernsehen veröffentlicht. Untersucht wurden die Vielfaltsdimensionen Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung, Zuschreibung der Herkunft und Behinderung. Im Vergleich zur Studie von 2017 zeigen sich neben Fortschritten hinsichtlich der Geschlechterverteilung weitere Handlungsbedarfe für mehr sichtbare Diversität.

Nach der ersten umfassenden Studie zur audiovisuellen Diversität von 2017 hat die MaLisa Stiftung von Maria und Elisabeth Furtwängler gemeinsam mit den vier großen TV-Sendergruppen und Filmförderungen erneut eine Untersuchung auf den Weg gebracht, um zu messen, was sich seither in Bezug auf Geschlechterdarstellungen getan hat. Zudem wurden für die aktuelle Untersuchung weitere Vielfaltsdimensionen in den Blick genommen. Die Ergebnisse der Studie „Sichtbarkeit und Vielfalt: Fortschrittsstudie zur audiovisuellen Diversität“ für den Bereich TV wurden heute in Berlin vorgestellt.

Für die Studie wurden die Protagonist*innen und Hauptakteur*innen in TV- und Kinderfernseh-Produktionen für das Jahr 2020 hinsichtlich Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund, ethnischer Zuschreibung, sexueller Orientierung und Behinderung untersucht. Durchgeführt wurde sie unter der Leitung von Prof. Dr. Elizabeth Prommer vom Institut für Medienforschung der Universität Rostock. Gefördert wurde sie von ARD, ZDF, ProSiebenSat.1, RTL Deutschland sowie der Film- und Medienstiftung NRW, der Filmförderungsanstalt FFA, dem FilmFernsehFonds Bayern, dem Medienboard Berlin-Brandenburg und der MaLisa Stiftung.

Die zentralen Ergebnisse zeigen:

  1. Das Geschlechterverhältnis ist weiterhin unausgewogen. Auf eine Frau kommen über alle TV-Programme hinweg nach wie vor rund zwei Männer.

  1. Es gibt jedoch positive Entwicklungen:
  • In den fiktionalen TV-Produktionen von 2020 ist das Geschlechterverhältnis nahezu ausgewogen.
  • Im Vergleich zu 2016 wird der Altersgap in der TV-Fiktion insgesamt kleiner.
  • In den Informationsformaten erklären Männer nicht mehr allein die Welt.
  1. Handlungsbedarf besteht in folgenden Feldern:
  • Männer kommen immer noch am häufigsten als Experten zu Wort – auch in Berufsfeldern, in denen überwiegend Frauen arbeiten.
  • Es gibt eine große Ungleichheit in der Moderation von (Quiz-)Shows.
  • Das Kinderfernsehen ist insgesamt immer noch unausgewogen. In Produktionen des Jahres 2020 werden aber mehr weibliche Protagonist*innen und Figuren sichtbar.
  • Behinderung, sexuelle Orientierung, Migrationshintergrund und Zuschreibungen der ethnischen Herkunft sind nicht so vielfältig sichtbar, wie in der Bevölkerung verteilt.

Maria und Elisabeth Furtwängler mit Studienleiterin Prof. Dr. Elizabeth Prommer bei der Studienvorstellung am 5. Oktober 2021. © Sascha Radke

Dazu die Leiterin der Studie, Prof. Dr. Elizabeth Prommer: „Wir sehen, dass im Fernsehprogramm nach wie vor eine überwiegend weiße und männliche Welt gezeigt wird. Aber: In einzelnen Bereichen gibt es Fortschritte. So sind in den fiktionalen TV-Geschichten annährend gleich viele Frauen und Männer zu sehen. Auch der Anteil an Protagonist*innen, die als Menschen mit Migrationshintergrund, Schwarze oder Persons of Colour lesbar waren, ist hier am höchsten. Am deutlichsten werden diese positiven Entwicklung in den neueren Produktionen von 2020.“

Maria Furtwängler, Co-Gründerin der MaLisa Stiftung, zu den Ergebnissen: „Es freut mich, zu sehen, dass es positive Entwicklungen hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit gibt. Gleichzeitig zeigen die Studienergebnisse, dass wir noch lange nicht am Ziel sind. Dass Männer beispielsweise in den TV-Informationsformaten nach wie vor mit Abstand am meisten als Experten zu Wort kommen – und das selbst in Berufsfeldern, in denen überwiegend Frauen tätig sind – hat mich erstaunt. Auch in Show-Formaten und im Kinder-TV zeigt sich nach wie vor ein großes Ungleichgewicht. Auch hinsichtlich anderer Vielfaltsdimensionen sind wir noch nicht so weit, wie man meinen könnte. Umso mehr gilt es, bereits bestehende Maßnahmen zu stärken und weitere auf den Weg zu bringen, um die Diversität unserer Gesellschaft insgesamt besser abzubilden.“


Eine ausführliche Zusammenfassung der Ergebnisse inklusive Grafiken finden Sie hier. Die vollständigen Ergebnisse finden Sie hier.