Dienstag, 19. Dezember 2023

JAHRESRÜCKBLICK 2023

Foto: Diane von Schoen

Beendigung von Gewalt gegen Frauen, Vielfalt in den Medien und eine gerechte Musikbranche: In ihrem siebten Jahr hat die MaLisa Stiftung ihre bewährte Arbeit weiterverfolgt, gemeinsam mit Partner*innen aus Branche, Forschung und Journalismus. Darüber hinaus kam ein neues Wirkungsfeld hinzu: Klima- und Artenschutz. Wir blicken zurück auf ein ganz besonderes Jahr.


Ein Stiftungstreffen im Februar gab Gelegenheit für Rückblick auf bisher Erreichtes und war unser Auftakt für 2023. Wir nahmen uns Zeit für einen vertieften Blick auf unsere Arbeit, besprachen Ideen, Themen und Aktivitäten des Jahres. Die meiste Zeit des Jahres arbeiten wir gemeinsam, aber an verschiedenen Orten. Um so erfreulicher sind solche gemeinsamen Treffen.

Von links: Karin Heisecke, Michaela Simon, Maria Furtwängler, Anna Groß, Elisabeth Furtwängler


Als Mitglied des Beirats begleitet Stiftungsleiterin Karin Heisecke seit Jahresbeginn die OMNI Initiative der MOIN Filmförderung. Ziel ist es, mit dem Tool OMNI Inclusion in Zukunft branchenweit und auf freiwilliger Basis die verschiedenen Dimensionen der Diversität von Filmcrews und Entscheidungsräumen zu erheben und zu analysieren. Aussagekräftige Daten sind eine Voraussetzung für die Erarbeitung gelungener Maßnahmen für mehr Vielfalt und Inklusion in der Filmbranche. 


Das Frühjahr stand im Zeichen des Filmschaffens von Frauen. Im März vertrat Karin Heisecke die Stiftung beim Eröffnungs-Panel der 15. Jubiläumsedition des Brüsseler Frauenfilmfestivals Elles Tournent – Dames Draaien, während Stiftungsvorständin Maria Furtwängler im April als Jurymitglied und Panelistin beim Internationalen Frauen Film Fest mitwirkte. 


Im April kam Johanna Langhof zum Team der Stiftung dazu, um das neue Themenfeld Klima- und Artenschutz zu begleiten. Johanna ist studierte Wirtschaftskommunikatorin und war viele Jahre bei der UFA, bei der sie u.a. die interne Kommunikation verantwortete und diverse Kulturthemen vorantrieb. In der MaLisa Stiftung bringt sie ihre Leidenschaft für Film, Nachhaltigkeit und Kulturwandel ein und begleitet aus ihrem Wohnort Hamburg die Film- und Fernsehbranche auf ihrem Weg, Klima- und Artenschutz mehr in die Geschichten zu integrieren. 


Im Rahmen der Green Actors Lounge diskutierte Karin Heisecke im Mai bei der Veranstaltung „Let’s Change The Picture“ – Frauen mit 47+ im Film – wenn das Alter die Hauptrolle übernimmt, was getan werden kann, damit Altersdiskriminierung und stereotype Darstellungen von Frauen im Bewegtbild bald der Vergangenheit angehören.

 

Im Juni sprach Maria Furtwängler bei der Jubiläumsveranstaltung Zehn Jahre Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen über wirksame Prävention, die Rolle der Medien in diesem Kontext, sowie die Notwendigkeit, dass Männer mehr Verantwortung übernehmen.

Beim EqualVoice Summit in Zürich diskutierte Maria Furtwängler über Maßnahmen für eine größere Sichtbarkeit von Expertinnen in den Medien. Die Veranstaltung war außerdem Anlass für einen Austausch mit Geena Davis, deren Geena Davis Institute on Gender in Media eine wichtige Inspiration für die Arbeit der MaLisa Stiftung war.

Foto: EqualVoice / David Biedert. Von links: Marc Walder, Kathrin Frey, Maria Furtwängler, Geena Davis, Carolina Müller-Möhl, Annabella Bassler, Katia Murmann


Wie steht es um die Diversität in der Musikbranche? 2022 hat die Stiftung mit der vielbeachteten Recherche Gender in Music ihren Schwerpunkt auf Geschlechtergerechtigkeit in der Musikbranche weiter ausgebaut. Zahlen aus der Recherche hat Anna Groß 2023 auf mehreren Veranstaltungen präsentiert und diskutiert, u.a. auf der c/o pop und dem Take *Space Festival.

Gesetzt wurde der Schwerpunkt auf die Branche 2021 mit einer Studie zur Geschlechtervielfalt in der Musikwirtschaft und zur Musiknutzung. Beide Erhebungen zeigten: Als Basis für ein besseres Verstehen der Ausgangssituation sind regelmäßige Datenerhebungen unerlässlich.

Bereits Ende 2022 regte die MaLisa Stiftung die Entwicklung einer Selbsterhebung für die Musikbranche an: Music & Gender ist ein brancheneigenes, regelmäßiges Gender-Monitoring, welches Unternehmen der Branche dabei unterstützt, etwaige Handlungsbedarfe zu identifizieren, Maßnahmen einzuführen und im Verlauf deren Wirkung im Unternehmen und in der Branche regelmäßig zu überprüfen.


Im Juni 2023 startete der Beta-Test für Music & Gender mit 15 Unternehmen aus der Musikbranche als Tester*innen.  Wissenschaftlich umgesetzt wird die Selbsterhebung vom Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover unter Leitung von Prof. Dr. Christine Meltzer. Entwickelt wurde sie auf Anregung von und im engen Austausch mit der MaLisa Stiftung und gemeinsam mit dem Bundesverband Musikindustrie (BVMI) sowie mit dem Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen (VUT) und weiteren Akteur*innen der Branche.


Zum Sommeranfang feierte die Stiftung auf der Fête de la Musique Berlin die Vielfalt des Fem* Rap & Pop. Die Kooperation mit dem Museum für Kommunikation Berlin unterstrich die Relevanz von Geschlechtervielfalt in der Musikbranche und ließ die vielen weiblichen Talente im Business hochleben. Es spielten die Artists HaszcaraKitanaDiana Goldberg und Josi. Elisabeth Furtwängler aka KERFOR war ebenfalls auf der Bühne zu erleben. 

Von links: Michaela Simon, Karin Heisecke, Anna Groß, Maria Furtwängler, Elisabeth Furtwängler, Johanna Langhof. Foto: Yvonne Labedzki


„Chancengleichheit in der Musikbranche ist ein großes Herzensthema für die Stiftung“, betonte Stifterin Elisabeth Furtwängler an diesem Abend, „und wir werden nicht aufhören, bis die ganze Vielfalt der Gesellschaft in der Kreativität der Musikbranche reflektiert ist.” 


Hier geht’s zum Video mit einigen Highlights der Female Fête 2023: https://www.instagram.com/reel/Cty98nygexL/


Im September war die Stiftung wie bereits 2022 und 2021 wieder auf dem Reeperbahnfestival präsent. Anna Groß diskutierte beim Workshop Gender In Music mit Keychange-Senior Project Manager Lea Karwoth, Susann Hommel von Music S Women* e.V. und Matthias Dengg von der GEMA Visionen und Möglichkeiten für eine gerechtere Musiklandschaft. Zudem moderierte Anna Groß die Diskussion „Sichtbarkeit ist key – Unterrepräsentation von Frauen* in der Musikproduktion“.

Auf Europas größtem Clubfestival stellt die Stiftung auch ein konkretes Tool für eine gerechtere Branche vor: Das Gendermonitoring Music & Gender wurde im November 2023 für die ganze Branche geöffnet und erweckt großes Interesse. Die Selbsterhebung betrachtet zunächst den Zeitraum des Jahres 2022. 2023 findet der erste Durchlauf eines zukünftig regelmäßig erhobenen Monitorings statt. Interessierte Unternehmen sind weiterhin eingeladen, an der Selbsterhebung teilzunehmen.


Die Beendigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist Ziel der MaLisa Stiftung seit ihrer Gründung im Jahr 2016. Eine 2021 veröffentlichte, von der MaLisa Stiftung & der UFA GmbH initiierte und geförderte Studie bietet erstmals einen repräsentativen Überblick darüber, wie audiovisuelle Medien geschlechtsspezifische Gewalt darstellen. Daran anknüpfend ist die Stiftung gemeinsam mit Partnern regelmäßig im Dialog mit der Branche, organisiert Workshops oder Vorträge auf Einladung von Filmhochschulen, Sendern, Produktionshäusern und bei Branchenveranstaltungen. 


Im September hat die MaLisa Stiftung gemeinsam mit WIFT Germany, dem Businessnetzwerk für Frauen in der Film- und Fernsehbranche und den digitalen Medien, dem Bundesverband Schauspiel (BFFS) und dem Berufsverband Kinematografie (BVK) den Think Tank „Geschlechtsspezifische Gewalt in Kino, TV und Streaming. Unsere Verantwortung in Storytelling und Inszenierung“ organisiert. Die Runde brachte mehr als vierzig Entscheidungsträger*innen aus allen Bereichen der Branche zusammen, besprach good practices und entwickelte Lösungsansätze und Handlungsoptionen. 


Im Rahmen des 45. Herbsttreffens der Medienfrauen nahm Stiftungsleiterin Karin Heisecke an einem Workshop zur Rolle von Medien bei der Berichterstattung über Gewalt gegen Frauen teil. 


Gemeinsam mit den vier großen TV-Sendern hat die Stiftung im Oktober eine viel beachtete Studie zur Repräsentation und Rezeption von Klimawandel und Biodiversität im Fernsehen veröffentlicht. Die Klima- und Biodiversitätskrisen sind Jahrhundertthemen. Bei den großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, können Medien durch Information, Einordnung und das Vermitteln von Lösungsansätzen unterstützen und eine wichtige Rolle spielen. Wie aber nehmen die Zuschauer*innen in Deutschland die Programmangebote wahr? Wie hoch ist der Wissensbedarf? Was wünscht sich das Publikum?

Die Ergebnisse wurden in München präsentiert und diskutiert. Prof. Dr. Irene Neverla, FU Berlin, und Prof. Dr. Imke Hoppe, LMU München stellten die von ihnen geleitete und in Kooperation mit dem Fraunhofer IDMT durchgeführte Studie vor. Anschließend wurden mögliche Handlungsoptionen und Konsequenzen besprochen. Es diskutierten der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke, Dr. Florian Kumb, Leiter der ZDF-Hauptabteilung Programmplanung, Henrik Pabst, Geschäftsführer der Seven.One Entertainment Group und Mirijam Trunk, Chief Crossmedia Officer und Chief Sustainability & Diversity Officer bei RTL sowie Redaktionsleiter*innen aus diversen Programmbereichen der jeweiligen Häuser mit Klimakommunikator*innen, Expert*innen und Forscher*innen.

Partner*innen und einige der Expert*innen und Gäste beim Fotocall. Von links: Katrin Habenschaden, Funda Vanroy, Dr. Florian Kumb, Maria Furtwängler, Kai Gniffke, Henrik Pabst, Elisabeth Furtwängler, Dr. Eckart von Hirschhausen, Marie Nasemann, Annette Hess, Mirijam Trunk. Foto: Diane von Schoen


Elisabeth Furtwängler: „Ist die Klimakrise ein „Thema“ neben vielen anderen – oder nicht eher eine Realität, die uns alle umgibt und bedroht? Und welche nächsten Schritte in der Klimakommunikation sind denkbar, um uns bestmöglich zu informieren und zum Handeln zu inspirieren? Ich bin zuversichtlich, dass wir mit unserer Studie einen Beitrag zur Antwort auf diese Fragen leisten.“


In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung regte Maria Furtwängler an: „Bei der Frage nach der Geschlechtergerechtigkeit haben wir uns gefragt: Entspricht das Bild der Gesellschaft, die uns da erzählt wird, der Realität oder wird ein rückwärtsgewandtes Bild zementiert? Das Bewusstsein bei den Programmmacherinnen und -machern ist seither dankenswerterweise gestiegen. Wäre es beim Thema Klima nicht großartig, wenn nicht nur unsere veränderte Lebensrealität auf dem Bildschirm vorkommt, sondern erste Fantasien in eine vielleicht nicht nur beängstigende Zukunft?“


Maria Furtwängler diskutierte die Ergebnisse der Studie auch im Rahmen der Münchner Medientage mit Joko Winterscheid und Eva Schulz. Mit dem Titel “Wie die Bilder von heute die Realität von morgen verändern können” wurde an die Medienschaffenden appelliert, dass noch mehr Mut nötig ist, um neue Narrative und Lösungsmöglichkeiten im Fernsehen zu erzählen.

Von links: Eva Schulz, Joko Winterscheidt, Maria Furtwängler. 


Bei dem Ziel, mehr Sendeminuten für Themen wie Klima und Biodiversität zu generieren, arbeitet die MaLisa Stiftung auch künftig eng mit Expert*innen zusammen, z.B. mit Planet Narratives, der neu gegründeten Initiative von Lars Jessen und Nicole Zabel-Wasmuth, die Filmschaffende dabei unterstützt, die Zukunft des Planeten in ihren Geschichten unterzubringen.


Am Vortag des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen haben Women in Film & Television Germany (WIFT), die MaLisa Stiftung und der Bundesverband Schauspiel (BFFS) das im gemeinsamen Think Tank entstandene Impulspapier zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt in Kino, Streaming und Fernsehen veröffentlicht. 


Es wurde auf Einladung der TeleVisionale 2023 bei der Veranstaltung Geschlechtsspezifische Gewalt im Fernsehen am 30. November  mit großer Resonanz erstmals vorgestellt und mit Branchenvertreter*innen diskutiert.


Die im November 2022 auf den Social-Media-Kanälen der Stiftung gestartete Aktion, die fragt, wie eine Welt ohne Gewalt aussehen wird, haben wir über das ganze Jahr 2023 fortgeführt, sie geht im nächsten Jahr weiter, da die Frage noch genauso relevant ist, wie sie es zu Beginn der Aktion war. Wir freuen uns darauf, viele weitere Zukunftsperspektiven zu sammeln. 


Der Nährboden für Gewalt gegen Frauen liegt in den Vorstellungen, die wir über Geschlechterrollen haben: wie verhält sich ein “richtiger Mann”, eine “richtige Frau”? Müssen Männer immer stark und dominant sein, Frauen fürsorglich und hilflos? Deshalb planen wir im neuen Jahr eine Analyse der Geschlechterrollenbilder, die durch die Medien vermittelt werden. Was wird als positives, was als negatives Verhalten präsentiert? Welche Werte werden vermittelt?  


Wir freuen uns darauf, 2024 gemeinsam mit Wegbegleiter*innen, alten und neuen Freund*innen, Verbündeten und Journalist*innen zu einer nachhaltigeren und gerechteren Gesellschaft beizutragen.


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