„Frauen sind die wahren Heldinnen in der Krise – erzählen uns Männer“
Derzeit wird viel diskutiert, dass in den politischen und medialen Diskursen zur Corona-Pandemie vor allem die Meinung von Männern gefragt sei. Zwei aktuelle Studien der MaLisa Stiftung haben nun die Geschlechtergerechtigkeit in der Berichterstattung im Fernsehen und in den Online-Auftritten von Printmedien untersucht. Im Mittelpunkt standen dabei die Fragen: wie oft kommen Frauen und Männer insgesamt zu Wort? Wie häufig und zu welchen Themen sind sie als Expert*innen gefragt?
Um dem auf den Grund zu gehen, hat die MaLisa Stiftung die Untersuchung „Wer wird gefragt? Geschlechterverteilung in der Corona-Berichterstattung“ beauftragt: Prof. Dr. Elizabeth Prommer und Julia Stüwe vom Institut für Medienforschung der Universität Rostock haben insgesamt 174 TV-Informationssendungen mit Corona-Bezug ausgewertet, die zwischen dem 16. und 30. April 2020 ab 18h in ARD, ZDF, RTL und Sat.1 ausgestrahlt wurden. Der Daten-Forscher und Urheber des Gender Equality Tracker, Max Berggren, hat für denselben Zeitraum insgesamt 79.807 Artikel mit Corona-Bezug in den Online-Ausgaben von 13 Printmedien analysiert.
Die Kernergebnisse der Untersuchungen zur TV- und Onlineberichterstattung zeigen:
- In den TV-Formaten war nur eine von fünf Expert*innen weiblich (22%). In der Online- Berichterstattung wurden Frauen nur zu rund 7 Prozent als Expertinnen erwähnt.
- Als Mediziner*innen kamen vor allem Männer zu Wort – das ist besonders brisant, da die Hälfte aller Ärzt*innen in Deutschland weiblich ist. Selbst von den im TV befragten Ärzt*innen ohne Leitungsfunktion war nur eine von fünf weiblich.
- Insgesamt kamen sowohl im Fernsehen als auch in den Online-Berichten der Printmedien mit Corona-Bezug auf eine Frau zwei Männer.
Dazu MaLisa-Gründerin Maria Furtwängler: „Bereits unsere Studie zu TV und Film von 2017 hat besonders im Bereich der Expert*innen eine große Schieflage aufgezeigt. Dass diese sich in der aktuellen Krise, die ja zur Stunde der Expert*innen wird, fortsetzt, ist besonders bedauerlich. Fast die Hälfte aller Ärzt*innen in Deutschland sind Frauen – aber nur ein Fünftel der Mediziner*innen, die im Fernsehen vorkommen. Das hat mich besonders schockiert.“
Diesen Befund kann auch die Kommunikationsforscherin Elizabeth Prommer bestätigen, die die Corona-Berichterstattung in den TV-Informationssendungen für die MaLisa Stiftung untersucht hat: „Eines der wichtigsten Ergebnisse unserer Studie ist, dass Frauen nicht gefragt werden. Und zwar auch dann nicht, wenn es sie gäbe. Frauen sind die wahren Heldinnen in der Krise – und das erzählen uns: die Männer.“
Eine ausführliche Zusammenfassung der Ergebnisse inklusive Grafiken finden Sie hier. Die vollständigen Ergebnisse finden Sie hier.