Montag, 19. September 2022

Gender in Music – Keine Chancengleichheit in der Musikbranche


Neue Recherche der MaLisa Stiftung: Branche bleibt in hohem Maße männlich dominiert


Erhebungen der MaLisa Stiftung in Kooperation mit der GEMA und Music S Women* zeigen, dass seit 2010 bezüglich Chancengleichheit kaum Veränderungen festzustellen sind. Für die Recherche „Gender in Music – Charts, Werke und Festivalbühnen“ wurde die Geschlechterverteilung in den Charts, den Werkanmeldungen der GEMA und auf Festivalbühnen untersucht. Die Ergebnisse offenbaren eine deutliche Schieflage. Am 22. September 2022 wird die neue Recherche im Rahmen des Reeperbahnfestivals diskutiert. Anschließend hostet die MaLisa Stiftung in Kooperation mit der GEMA und Music Women* Germany einen Showcase mit den Rap-Artists Älice, Babyjoy, KERFOR, Nashi44 und Vita.


Die strukturelle Benachteiligung von Frauen und nichtbinären Menschen in der Musikbranche ist, auch dank zahlreicher Initiativen, inzwischen ein viel diskutiertes Thema. Doch was hat sich in den letzten Jahren wirklich bewegt? Die MaLisa Stiftung liefert gemeinsam mit der GEMA und Music S Women* neue Zahlen.


Für die Analyse wurden in drei ausgewählten Jahren über den Zeitraum von 2010 bis 2019 die Top 100 Single-Charts, die bei der GEMA angemeldeten Werke sowie 15 verschiedene Festivals ausgewertet. Der Frauenanteil bleibt in allen Bereichen weit unter einem Fünftel – ob es um Songwriting, Charts, GEMA Mitgliedschaft, die dort angemeldeten Songs oder die Festivalbühnen geht. Und es lässt sich im untersuchten Zeitraum kein deutlicher Aufwärtstrend feststellen – in bestimmten Teilen gab es sogar einen Rückschritt. Einzig bei den Festivals ist beim Frauenanteil ein zaghafter Trend nach oben zu sehen. Nichtbinäre Menschen und andere Geschlechtsidentitäten konnten so gut wie nicht identifiziert werden.


Musik in den deutschen Wochencharts wird zu mehr als 85% von Männern komponiert. Hier zeigt sich über den untersuchten Zeitraum sogar ein Abwärtstrend. 85% der GEMA Mitglieder sind männlich. Der Blick auf die bei der GEMA angemeldeten Songs zeigt ein noch größeres Ungleichgewicht: Während die Anzahl der angemeldeten Songs seit 2010 deutlich gestiegen ist, sank der Anteil der beteiligten Frauen von unter 9 % in 2010 auf 6 % in 2019. Auf den Festivalbühnen bleibt die Beteiligung von weiblichen Musiker*innen im beobachteten Zeitraum im Schnitt unter 10%. Es lässt sich jedoch im Zeitverlauf insgesamt eine Steigerung des Frauenanteils beobachten, von etwa 7% in 2010 auf etwas über 12 % in 2019. Eine zusätzliche Auswertung des Jahres 2022 zeigt zudem mit einem Frauenanteil von 16 % einen Aufwärtstrend.


Wer gestaltet die Musik der Zukunft?

(Foto: Laura Kaczmarek)

„Die Musikbranche ist weiterhin ein Boys Club“, so Elisabeth Furtwängler, Initiatorin der Recherche, „aber zu wissen, dass Ungerechtigkeiten existieren, ist eine gute Voraussetzung, um Dinge zu verändern. Wir alle können zur Chancengleichheit in der Branche beitragen. Lasst uns darüber reden, Barrieren abbauen und ein stärkendes Umfeld schaffen – damit alle Geschlechter die Möglichkeit haben, ihre Kreativität auszuleben und anerkannt zu werden.“



Matthias Dengg, Senior Kommunikationsmanager, GEMA: „Gut die Hälfte unserer Bevölkerung ist weiblich. Von einem 50/50 Verhältnis sind wir aber weit entfernt, wie unsere Analysen gezeigt haben. Wir als GEMA bilden die Branche und die Verhältnisse in ihr auch in Bezug auf die Geschlechterverhältnisse nur ab. Wir alle aber sollten uns beständig und immer wieder die Frage stellen: Was können wir tun, um eine Branche zu gestalten, die für alle gleichermaßen offen ist?“


„Mit dieser umfangreichen Recherche zeichnen wir ein differenziertes Bild zur Geschlechtergerechtigkeit auf Festivalbühnen im deutschsprachigen Raum und schaffen Fakten, um sachlich zu diskutieren und an Lösungen zu arbeiten“, sagt Susann Hommel, Music S Women*. „Neben Formaten mit deutlichem Nachholbedarf, gibt es auch Festivals, die mittlerweile eine Vorreiterrolle einnehmen, wenn es um diverses Booking geht. Das gibt Anlass zur Hoffnung.“


Panel, Reception & Showcase auf dem Reeperbahnfestival


Die Recherche wird am 22. September 2022 im Rahmen des Reeperbahnfestivals auf dem Panel „Das Ende vom Buddy Business? Wer gestaltet die Musik der Zukunft?“ diskutiert, das die MaLisa Stiftung gemeinsam mit der GEMA und der Initiative Keychange veranstaltet. Danach laden die MaLisa Stiftung, Music Women* Germany / Music S Women* und die GEMA zu einer Reception in den Sommersalon. Beim anschließenden Fem* Rap & Production Showcase, presented by MaLisa Stiftung, rappen Nashi44, Älice, Babyjoy, Vita und KERFOR. Ein Nachmittag mit 100 % female powered voice and sound, moderiert von Dichterin & Sängerin Julia Engelmann und Elisabeth Furtwängler, als Rapperin & Produzentin bekannt unter dem Namen KERFOR.


Die vollständigen Ergebnisse der Recherche, die dazugehörigen Grafiken sowie ein Foto von Elisabeth Furtwängler finden Sie hier: https://malisastiftung.org/gender-in-music

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