Mittwoch, 22. September 2021

MaLisa-Recherche: Geschlechterverteilung bei deutschen Musikpreisen


Um zur Verbesserung der Datenlage zur Geschlechterverteilung in der Musikbranche in Deutschland beizutragen, hat die MaLisa Stiftung beispielhaft fünf deutsche Musikpreise analysiert. Es wurden sowohl die Prozesse zur Preisvergabe als auch die Gewinner*innen betrachtet. Das Ergebnis ist ernüchternd und zeigt Handlungsbedarfe bezüglich Geschlechtergerechtigkeit.

Für die Recherche wurden fünf deutsche Musikpreise nach der Geschlechterverteilung der Preisträger*innen anhand der Namen der Musiker*innen untersucht. Bei den fünf ausgewerteten deutschen Pop-Musikpreisen sind Frauen und nicht-binäre Personen deutlich unterrepräsentiert. Dies gilt sowohl für die Gewinner*innen aller fünf Pop-Musikpreise als auch für die Sonderauswertungen der Nominierten, Urheber*innen und Jurymitglieder.


METHODE

Diese Musikpreise wurden von 2016-2019 untersucht. Pandemiebedingt wurden mehrere Preise 2020 nicht vergeben. Für eine bessere Vergleichbarkeit wurden deshalb alle fünf Preise für den gleichen Zeitraum betrachtet:

  1. 1Live Krone, Preis des Jugendradio-Senders des WDR.
  2. Der Musikautorenpreis der GEMA.
  3. Der Musikpreis des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV).
  4. Die Bestenlisten des Preises der deutschen Schallplattenkritik.
  5. Der Preis für Popkultur.


Die Geschlechterverteilung wurde anhand der Vornamen der Musiker*innen ermittelt. Anhand der Vornamen ließ sich Nicht-Binarität in der Stichprobe in keinem Fall eindeutig erkennen.

Künstler*innen wurden einzeln gezählt. Bei Bands wurden alle Mitglieder gezählt, ebenso bei Produzent*innen-Teams. Für die Untersuchung wurden Preise ausgewählt, die sich auf populäre deutsche Unterhaltungsmusik fokussieren. Bei Preisen, die mehr Kategorien vergeben, wurden nur die aus dem Bereich der Popmusik einbezogen.

Bei drei der fünf Preise (1 Live Krone, Musikautorenpreis, Preis für Popkultur) wurden auch die Geschlechterverhältnisse bei den Nominierten und den Preisträger*innen analysiert. Bei den Preisen, die die Zusammensetzung der Jury veröffentlichen (Musikautorenpreis, Musikpreis des BDKV, Preis der deutschen Schallplattenkritik), wurde auch die Geschlechterverteilung der Jury ausgewertet.


ERGEBNISSE DER RECHERCHE:


Musikerinnen werden deutlich seltener mit Preisen ausgezeichnet als ihre männlichen Mitstreiter: Bei den Gewinner*innen für den Zeitraum 2016–2019 zeigt sich insgesamt ein deutlicher Männerüberhang von 83 Prozent.

Im zeitlichen Verlauf 2016–2019 zeichnet sich keine nachhaltige Veränderung ab: Über alle Musikpreise hinweg bleibt das Verhältnis von weiblichen zu männlichen Preisträger*innen in diesem Zeitraum bei etwa 1:5.


Dabei ist jedoch zu beachten, dass Frauen bereits bei den Nominierungen deutlich in der Unterzahl sein dürften. Eine Sonderauswertung von drei der fünf Musikpreise zeigt, dass sich die Geschlechterverteilung unter den Nominierten auch nur leicht verändert: 14 Prozent Frauen gesamtdurchschnittlich bei den Nominierungen, 12 Prozent Frauen bei den Preisträger*innen.


Die Analyse aller an Single- bzw. Albumproduktion beteiligten Komponist*innen, Textdichter*innen und Urheber*innen (laut GEMA-Verzeichnis) zeigt, dass auch hier das Verhältnis zwischen Männern und Frauen ähnlich ausfällt.


Auch bei den Jurys für die Preisvergabe sind Männer klar in der Überzahl.


QUO VADIS MUSIKPREIS?

Musikpreise stellen ausgewählte Künstler*innen in ein besonderes Rampenlicht und verhelfen ihnen zu mehr Popularität und Karrierechancen. Sie haben damit eine wichtige Signalwirkung: für die Branche insgesamt, für Nachwuchskünstler*innen, und auch für Konsument*innen.

Die deutlich unausgewogene Geschlechterverteilung bei Nominierten, Preisträger*innen und Jurymitgliedern trägt zu einer Verfestigung und Verstärkung bereits bestehender Benachteiligungen von Frauen* in der Musikbranche bei.

Um dem entgegenzuwirken, sind Analysen der Ursachen für die Ausgrenzung von Frauen* sowie wirksame Maßnahmen für ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis auf den verschiedenen Ebenen der Musikpreisvergabe notwendig. Ein erster Schritt wäre, im Rahmen der Ausschreibung und Vergabe aller Musikpreise Transparenz über die Geschlechterverteilung von Jury, Nominierten und Preisträger*innen zu schaffen.



Download:

MaLisa-Recherche zur Geschlechterverteilung bei deutschen Pop-Musikpreisen »